Ballettreise

London 2024

1. Tag

Flughafen Düsseldorf. Welch königliche Überraschung: Die schöne Kate und ihr eleganter Gemahl, königliches Geblüt vom Scheitel bis zur Sohle, begrüßten uns huldvoll lächelnd. Und wer kam hinter dieser Maskerade hervor? Natürlich Eva und Oliver mit einem nicht minder fröhlichen Begrüßungslächeln.

Einschleusen ins Flugzeug ging nahtlos. Ebenso das Ausschleusen im Brexit-Land. Freundliche Begrüßung, freundliche Reiseleiterin Rosie. Stolz auf ihr Hochdeutsch, das sie in England und Österreich gelernt hat. Per Bus wurden wir fundiert durch London geführt und mit Tipps für weitere Exkursionen versorgt. Ließen dabei die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten am verregneten Busfenster vorbeiziehen und stimmten uns auf London ein.

Stopp an der St. Pauls Cathedral. Die wurde jedoch nur als Kulisse für ein schnelles Erinnerungsfoto wahrgenommen. Marks & Spencers Deli mit angeschlossener Luxustoilette hatte mehr Anziehungskraft. Durchs regennasse London weiter und der Busfahrer schaffte es, sein Ungetüm heil vors Hotel zu bugsieren. Zügige Zimmerverteilung, Auffrischen und schon gings ein paar Schritte weiter in den Pub „The Stablehand“ zum Dinner.

Plaudernd füllten wir das Lokal bis zum letzten Platz. Also geschlossene Gesellschaft. Guter englischer Sekt förderte die Unterhaltung und bald brummte es wie in einem Bienenkorb, nur unterbrochen durch die köstliche Speisenfolge. Beschwingt ging‘s zurück, um schnell einschlafend den Morgen zu erwarten.

2. Tag

Tube-Fahrt ins Mulryan Centre for Dance, Heimat des English National Ballet. Oliver veranstaltete unterwegs noch eine kleine Übung: schnell alle rein in die Tube und vor deren Abfahrt alle schnell wieder raus. Das funktionierte synchron wie ein Auftritt der Düsseldorfer Ballettcompany. Mit der Head-Set-Anlage war´s komfortabel und Oliver entpuppte sich als amüsanter Conférencier. Wie hatte das in China, Moskau, St. Petersburg, Paris, Wien, Prag etc. nur ohne funktioniert?

Interessante Führung durch das große Haus, das den Tänzerinnen und Tänzern alles bietet, um ihre Tanzkunst weiterzuentwickeln, ihre Fitness zu erhalten und ihre Verletzungsgefahr zu verringern. Beeindruckend. Abschließende Begrüßung durch den Artistic Director Aaron S. Watkin, der 17 Jahre lang Ballettdirektor an der Semper Oper Dresden war. Er erläuterte kurz seine Arbeit und Ideen.

Noch ein windzerzaustes Gruppenfoto bei den gigantischen silbernen Ballettschuhen vor dem Balletthaus und zurück gings ins quirlige London Center zum Lunch im Pub „Marquess of Anglesey“. Vorher kurzer Spaziergang durch die Hallen des ehemaligen Gemüsemarkts am Covent Garden, heute Präsentationsort, für alles, was der Mensch eher weniger benötigt und natürlich genügend Gelegenheit, um für das leibliche Wohl zu sorgen. Musik gab‘s auch. Ein Tenor versuchte pavarottimäßig gegen den Hintergrundlärm anzusingen. Sein Kumpel ging derweil mit seiner Mütze als Klingelbeutel herum. Zum Abschluss ein Foto bei der Skulptur der Tänzerin, die sich in graziöser Haltung geduldig ablichten ließ. Zur Belohnung dann englische Köstlichkeiten im urigen Pub.

Danach ging es Backstage durchs Royal Opera House. Heute die dritte Bau-Version, die zwei vorherigen gingen in Flammen auf. Wie durch einen Irrgarten ging es von Stockwerk zu Stockwerk mit interessanten Einblicken in eine Welt, die man als Opernbesucher nicht sieht und nicht erahnt. Welche Kreativität und welches Organisationstalent sind erforderlich, um eine Aufführung auf der Bühne entstehen zu lassen. Faszinierend. Danach konnte jeder seinen Interessen und Neigungen nachgehen.

Wir waren etwas ermüdet, also zurück zum Hotel. Leider kam dann doch ein Pub dazwischen. Und als wir ahnungslos wieder heraustraten, treffen wir auf nette Ballettfreunde und sind kurz darauf zum Essen beim Libanesen gegenüber. So kann‘s gehen. Dann war‘s aber auch Zeit. Ab ins Bett. Den gut gefüllten schönen Tag Revue passieren lassen.

3. Tag

Am Ende dieses Tages zeigte die Smartwatch 16.000 Schritte an. Für uns beide Anti-Spaziergänger und Anti-Treppengeher ganz beachtlich.

Zunächst in zugiger Luft per Tube zum London Eye. Was für eine respekteinflößende, mächtige Konstruktion am Themseufer. Oliver beruhigte uns auf seine charmante Art: „Wegen des starken Winds neigt sich das Rad heute zum Wasser. Es könnte also umkippen. Aber keine Bange. Die Gondeln können schwimmen - und nun gute Fahrt.“

Großartig dieses langsame Schweben, das immer wieder neue Perspektiven auf das Londoner Häusermeer eröffnete. Um dies alles zu erfassen, tänzelte man in der Gondel rund und staunte gemeinsam. Schneller Ausstieg. Der Nachmittag stand allen für ihre Vorlieben und Neigungen zur Verfügung.

Uns zog es zum Borough-Market an der London Bridge. Die unzähligen Marktstände quellen über vor Köstlichkeiten aus aller Herren Länder. Man kam ob dieser köstlichen Vielfalt mit leuchtenden Augen aus dem Staunen nicht heraus.

Genug des Schauens, Schnupperns und Schiebens durch die Gänge. Auf dem Weg zur Tube ein Bier zum Normalisieren und weiter ins Hotel. Anhübschen für die abendliche Vorstellung von „Carmen“ im Stadler´s Wells Theatre. Getanzt von der Company des English National Ballet.

Aber erstmal zum Abendessen ins Pub „thegate“. Wunderbar. Und danach nur ein paar Schritte ins Theater.

Das Sadler’s Wells Theatre ist eine der führenden Londoner Bühnen für Ballett und modernes Tanztheater. Buntgemischtes Publikum füllte den großen schwarzen Zuschauerraum. Die Londoner nahmen mit ihren Drinks und Knabberzeug Platz.

Das Orchester startete mit einem rasanten Klangfeuerwerk und die Bühne füllte sich mit entsprechendem Bewegungsfeuerwerk. Die Bühne puristisch schwarz mit beweglichen Wandelementen, die nach einem unergründlichen System auf der Bühne hin und her wanderten. Die Choreografie weniger klassisches Ballett, mehr Modern Dance. Anders, aber auch schön.

Todesahnung wälzte sich schwarzgewandet über die Bühne und ließ ein schlimmes Ende erahnen. Dazwischen Micaëla jungmädchenhaft in Weiß. Schuss Tod, Zuniga fiel und der liebeskranke Don Jose katapultierte sich damit ins Abseits. Pause. Austausch von Eindrücken bei einem Drink oder keinem. Beim Wiedereintritt in den Zuschauerraum: Eisverkauf. Die Londoner griffen zu. Auch neu für uns Düsseldorfer.

Im 2. Akt dominierten todverheißende schwarze Gestalten, die die Handlung auf das schreckliche Ende hinlenkten. Dies noch verstärkt durch Micaëlas Voodoo-Puppe, die sie malträtiere, zerlegte und damit das schreckliche Ende beschleunigte. Liebeskampf, ein Messer, ein Stich, Tod. Die Zukunft schrumpfte ins Nichts. Vorhang. Standing Ovation.

Mit der Tube routiniert zurück zum Hotel. Na ja, das Pub hatte die Eingangstüre offen und hinderte unsere kleine Gruppe am Weitergehen. Also doch einen night cup oder zwei. Kurz darauf die Glocke: last order! Um 23:00 wurden wir höflich, aber bestimmt hinauskomplimentiert. Ab ins Bett und mit Eindrücken beladen hinübergedämmert ins Land der Träume und einem sicher wieder interessanten neuen Tag.

4. Tag

Letztes English Breakfast. Magenfüllend. Und ab ging‘s zur Westminster Abbey. Beeindruckendes Meisterwerk der Baukunst. Krönungskirche und bis 1760 königliche Grablege. Französische Hochgotik mit dem goldglänzenden Langhaus und himmelstrebenden Säulen.
Angekündigt war: Morgenandacht mit Chor. Zettel oder App forderten zum Mitsingen und Mitbeten auf. Zeit der Besinnung und Betrachtung. Dann war Schluss. Kein Chor. Der hatte sich in die Osterferien verabschiedet. Schade.

Dann für eine Fahrt auf der Themse zum Schiff. Gar nicht so einfach. London Landmarks Half Marathon war im Gange. Ein Zuschauer- und Sportlerauflauf. Jedoch kein Problem. Wir spurteten zwischen den Läuferinnen und Läufern über die Straße zum Themseufer.

Neue Eindrücke von der Wasserlinie aus auf das Häusermeer. Beeindruckend diese Mischung aus alt und hochaufragend neu. London Bridge. Der Wind fegte uns vom Schiff in die Arme unserer Reiseleiterin Gabriela. Ein wandelndes Londonlexikon aus dem bayrischen Rain am Lech. Das Headset war wieder äußerst hilfreich, denn so konnten wir während des Gehens viel von Gabriela über London erfahren.

Am Tower of London vorbei über die Tower Bridge zum Borough Market. Kurze Mittagsrast und dann entlang der Themse wieder mit Eindrücken und Geschichten bestens versorgt zurück zur Westminster Abbey und zum Bus.

London einmal anders, gegen den Mainstream, spannend und interessant.

Das war wieder eine gelungene Meisterleistung. Vielen herzlichen Dank an Eva und Oliver für schöne Tage, tolle Eindrücke, zahlreiche Erlebnisse und interessante Gespräche.

Text: Eva und Rudolf Pospischil; Fotos: Eva und Rudolf Pospischil, Erich Kutzera, Karin Kriescher, Johannes Lörper, Thomas Müth