Tanz Mit!

Leichter getanzt als gesagt ???

Was sehen wir, wenn wir Tanz betrachten? Wie würden wir beschreiben, was wir sehen? Würden wir dasselbe vor unserem inneren Auge sehen, wenn uns ein anderer beschreibt, was er sieht? Oder sehen wir etwas vollkommen anderes? Wie kommunizieren wir durch Tanz?

Diesen Fragen gingen interessierte Ballettfreunde zusammen mit Michael Foster, dem Leiter der Abteilung Tanzvermittlung des Ballett am Rhein, exklusiv im kleinen Kreis nach. Schon zu Beginn gelang es Michael, besondere Spannung aufzubauen, fand doch die Begrüßung im Foyer des Balletthauses statt und nicht wie gewohnt im Studio 1.
Nach der Begrüßung gingen die Ballettfreunde erwartungsvoll in Studio 1, das sich diesmal ein wenig anders präsentierte. Die Spiegelwand war verhangen und schwarze Vorhänge markierten auf drei Seiten ein dunkles Viereck, in dessen Mitte eine schwarze Stellwand stand. Neben dieser Stellwand befanden sich Emilia Peredo Aguirre links und Simone Messmer rechts, die bereits zu eindringlichen Beats improvisierten. Jede anders! Die dritte Tänzerin, Jara Araujo, ganz neu in der Compagnie,beobachtete das Geschehen zunächst.

Michael ergriff alsbald das Mikrofon und beschrieb, was links von ihm, für Simone nicht sichtbar, von Emilia getanzt wurde. Simone versuchte zu den Beschreibungen von Michael ebenfalls zu improvisieren. Bereits hier wurde sehr eindrucksvoll demonstriert, dass «beschrieben und gesagt» nicht «gleich getanzt» ist. Beide Improvisationen wurden anders gestaltet, aber es blieb eine Grundidee erkennbar. Nach zweimaligem Wechsel unter Einbeziehung von Jara wurde das Publikum eingeladen, eigene Tanz - Ideen der jeweils linken Tänzerin ins Ohr zu flüstern. Wie Stille Post, nur diesmal getanzt! Aber dabei blieb es nicht. Die Ballettfreunde wurden gebeten, auf deutsch oder auch englisch die Improvisationen in Unkenntnis dessen, was ins Ohr geflüstert worden war, zu beschreiben. Bis zum Schluss wurde nicht aufgeklärt, zu welcher Idee oder Impuls getanzt wurde. Es zeigte sich einmal mehr, dass nicht alles gesagt werden muss, wenn getanzt wird. Jeder Zuschauer*in konnte für sich selbst vor seinem/ihren inneren Auge interpretieren, was er/sie meinte zu sehen. Es war wirklich besonders zu erleben, wie die Ballettfreunde mit den Tänzerinnen kommunizierten und letztere die Vorgaben in Tanz umsetzten. Man hatte zeitweilig das Gefühl, Michael testete die Ballettfreunde, ob sie vielleicht potentielle Kandidaten für die Audiodeskription seien.
Es wurde allen Beteiligten eindrucksvoll vorgeführt, dass Michael’s Ziel des Abends erreicht worden war: es ist wirklich (häufig) einfacher und eleganter zu tanzen als zu sehen und das Gesehene synchron zu beschreiben.
Das Ende des Abends kam diesmal ziemlich schnell, so kurzweilig und interaktiv war das Experiment. Zum Abschluss bildeten die Ballettfreunde einen großen Kreis um die Tänzer. Man fühlte sich ein wenig wie in einer Disco (mein inneres Bild, Anm.d.R.) und bewunderte die improvisierten Tanzdarbietungen von Emilia, Simone, Michael und Jara. Als es zum Schluss zu altbekannten Klängen Let’s dance hieß, war es auch an der Reihe der Ballettfreunde, die Tanzfläche zu erobern. Und hier stellte man zu den Klängen von David Bowie fest: Ja, es ist wirklich leichter getanzt als gesagt.

Danke Michael, Emilia, Jara und Simone, dass Ihr Euch an einem Freitagabend die Zeit genommen habt, gemeinsam mit den Ballettfreunden dieses Experiment durchzuführen.

Die Ballettfreunde unterhielten sich beim anschließenden Umtrunk sehr beeindruckt über die gemachten Erfahrungen und man war sich einig, dass dieser Abend im Balletthaus wieder einmal ganz besonders war.

Ja, Tanz ist wirklich „dem Menschen unentbehrliche Aktivität“ (Molière).
Deshalb: Tanz Mit!

Text: Renate Raeune, Bilder: Renata Weber-Zangrandi